Liebe Kinder,
diese Geschichte von Nicki Nuss und seinen Freunden wurde für die Archäologische Landesausstellung „Roms fließende Grenzen“ 2021/2022 geschrieben. Diese Ausstellung gibt es nicht mehr, daher könnt Ihr sie leider nicht mehr besuchen. Die Geschichte vom neugierigen Eichhörnchen ist dennoch spannend. Wir haben euch ganz viele Bilder dazugestellt. Daher ist es gar nicht so schlimm, dass Ihr die Ausstellung selbst gar nicht mehr sehen könnt. Viel Spaß also beim Lesen und Entdecken. Und übrigens: Ein Besuch im Museum lohnt sich dennoch allemal. Denn in Museen gibt es immer etwas zu entdecken.
Über Grenzen hinweg
Vor über 2.000 Jahren lebten hier bei uns Römer und Germanen neben- und miteinander. Es wurde erkundet, gebaut, gehandelt und manchmal auch gekämpft. Der Rhein diente dabei als eine Art Grenze, die auch Limes genannt wurde. Aus dieser Zeit gibt es eine Menge zu entdecken. An fünf Standorten kannst Du bei der Archäologischen Landesausstellung „Roms fließende Grenzen“ 2021 und 2022 in die Zeit der Römer eintauchen und viele interessante Funde aus Deiner Umgebung sowie genaue Nachbildungen bestaunen.
In Detmold erfahren die drei Freunde Nicki Nuss, Klaus und Nina Spannendes über Nachbarn.
Vor dem Limes
„Was soll denn das da für ein Tier sein?“ Nicki Nuss schaut etwas ratlos drein. „Vermutlich handelt es sich um einen Hirsch“, weiß seine Freundin Nina. „Wir befinden uns hier im Lippischen Landesmuseum in Detmold. Heute schauen wir uns an, wie die Menschen auf der anderen Seite des Limes gelebt haben. Und da ist diese Hirschdarstellung ein guter Anfang. Feldherr Gaius Julius Cäsar lieferte in seinem ‚Bericht über den Gallischen Krieg‘ erstmals Details zu den Germanenstämmen, die östlich des Rheins lebten. Ganz nebenbei erzählt er etwas über die Tiere Germaniens – zum Beispiel über die Hirsche.“
Die Römer hatten natürlich auch Nachbarn. Mit denen verstanden sie sich nicht immer gut. Cäsar führte etwa einen langen Krieg gegen die Gallier. Das waren keltische Stämme im heutigen Frankreich und Belgien. Sie wohnten aber auch hier bei uns links des Rheins. Während dieses Krieges stieß Cäsar auch auf andere, ziemlich streitlustige Stämme, die er nicht den Kelten zuordnen konnte. Sie siedelten hauptsächlich rechtsrheinisch. Cäsar ließ eine Brücke über den Rhein bauen und wagte sich in das unbekannte Gebiet vor.
Für die Germanen bildete der Rhein kein großes Hindernis. So siedelten Germanen schon lange vor den Römern auf beiden Seiten des Flusses. Sie lebten in Langhäusern aus Holz und Lehm. Die konnten es von der Annehmlichkeit her nicht mit einem römischen Haus aufnehmen. Während die Römer in öffentlichen Bädern häufig sogar Fußbodenheizungen genossen, brannte in den germanischen Behausungen bloß ein offenes Feuer, das Heizung und Kochstelle in einem darstellte. Der Rauch konnte durch ein Loch unter dem Giebel abziehen, das sogenannte Windauge. Auch lebten bei den Germanen meistens Menschen und Haustiere gemeinsam unter einem strohgedeckten Dach.
Germanen aus Sicht der Römer
Nicki Nuss und Klaus stehen an einer Vitrine. „Was ist denn das hier für ein lustiger kleiner Kerl? Ein Kinderspielzeug?“ „Das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen“, setzt Nina zur Erklärung an. „Vielleicht gehörte das Figürchen tatsächlich einem Kind. Es könnte aber auch einen religiösen Hintergrund haben.“ „Also wenn es eine Götterfigur sein soll – naja, aus römischer Sicht war das ja wohl eher primitiv, was da auf der anderen Rheinseite so fabriziert wurde“, sagt Nicki Nuss und schaut sich das Figürchen noch immer an. „Zugegeben, obwohl die handwerklichen Fertigkeiten bei den Germanen recht hoch entwickelt waren, wirken Darstellungen von Menschen oder Gottheiten eher schlicht. Römische Götterdarstellungen machen da einen wesentlich feineren Eindruck. Das gefiel auch den Germanen. Sie waren tatsächlich sehr an römischer Kunst interessiert. Ob es aber immer Liebhaberei war oder der Materialwert von Gold, Silber oder Bronze den Reiz ausmachte? Wir wissen es nicht“, erzählt Nina.
„Jaja, diese Germanen!“, stichelt Klaus. „Das mit ‚diesen Germanen‘ ist so eine Sache. Die gab es eigentlich so überhaupt nicht. Cäsar bezeichnete in seinem Buch einfach alle Stämme als Germanen, die rechts des Rheins lebten. Und der Geschichtsschreiber Tacitus lieferte in seinem Werk ‚Germania‘, das er um das Jahr 100 nach Christus geschrieben hat, allerhand nicht besonders schmeichelhafte Vorstellungen, wie diese Germanen seien und sich aufführten. Diese ‚Germanen‘ wären wohl nie auf den Gedanken gekommen, sich selbst als Germanen zu bezeichnen, ja sich überhaupt als ein zusammenhängendes Volk zu verstehen“, erzählt Nina. „Die Römer haben ihre Nachbarn zwar von oben herab betrachtet. Trotzdem hindert sie das nicht daran, mit ihnen zu handeln und sich auszutauschen.“
Kontakte am Limes
Die Römer hatten also vor, sich am linken Rheinufer dauerhaft niederzulassen. Spätestens nach einer großen Schlacht, der Varusschlacht, war klar, dass die freien Germanen nicht gewillt waren, sich von den Legionen Roms erobern zu lassen. Man arrangierte sich zusehends miteinander. Die römische Provinz Niedergermanien blühte dadurch auf. Aber auch die freien Germanen suchten ihren Vorteil in der Nachbarschaft zu Rom. Die Bevölkerung dort wuchs auch. Römisch Waren fanden Eingang in die germanische Lebensweise. Trotzdem behielten die Bewohner Germaniens ihre Traditionen bei.
Viele römische Gegenstände wurden einfach einer neuen Nutzung zugeführt. „So wie dieses Rasiermesser?“, schmunzelt Nicki Nuss. „Also, ich vermute, dass die Germanen das Messer nicht für etwas anderes benutzten. Obwohl die Germanen, im Gegensatz zu den Römern, wohl eher Langhaarfrisuren und auch Bärte hatten“, weiß Nina.
„Andere Objekte aus der römischen Provinz wurden von den Germanen sogar recycelt. Kaputte oder nicht mehr gebrauchte Keramik wurde zum Beispiel zu Spielsteinen umgearbeitet“, erzählt Nina. „Dann haben die hier im Museum aber viele germanische Spielsteine!“, sagt Nicki Nuss. „Sei nicht so gemein. Schau mal da drüben! Dieses Gefäß zum Beispiel ist doch ganz.“ Nina zeigt auf eine ausgestellte Schüssel. „Allerdings kommen bei Ausgrabungen leider nicht viele ganze Gefäße zum Vorschein. Die meisten Töpfe sind bereits als Scherben in den Boden gekommen. Die Leute entsorgten natürlich kaputte Keramik ganz einfach.“
Entdecke die Römer
In den Jahren 2021 und 2022 haben fünf Standorte in NRW den Limes genauer beleuchtet. Man konnte allerhand erfahren über das Leben im Gutshof oder Wohnstallhaus, über germanische Hilfssoldaten oder römische Ärztinnen. Zur Archäologische Landesausstellung „Roms fließende Grenzen“ hat die NRW-Stiftung ein Entdeckerbuch mit dem neugierigen Eichhörnchen Nicki Nuss gemacht. Mit Nicki Nuss kannst Du spannende Rätsel lösen und spielerisch in die Zeit der Römer eintauchen. Das Entdeckerbuch ist auch ohne die Ausstellungen ganz spannend.
Du magst Rätsel? Dann findest Du hier weitere Entdecker-Aufgaben. Die kannst Du auch ohne die Ausstellung „Roms fließende Grenzen“ machen.
Wo?
Lippisches Landesmuseum Detmold
Ameide 4
32756 Detmold
Web: www.lippisches-landesmuseum.de