Tanzende Schiffe

In Xanten lernt das neugierige Trio tanzende Schiffe und allerlei Gottheiten kennen. Und nicht nur das …

Liebe Kinder,

diese Geschichte von Nicki Nuss und seinen Freunden wurde für die Archäologische Landesausstellung „Roms fließende Grenzen“ 2021/2022 geschrieben. Diese Ausstellung gibt es nicht mehr, daher könnt Ihr sie leider nicht mehr besuchen. Die Geschichte vom neugierigen Eichhörnchen ist dennoch spannend. Wir haben euch ganz viele Bilder dazugestellt. Daher ist es gar nicht so schlimm, dass Ihr die Ausstellung selbst gar nicht mehr sehen könnt. Viel Spaß also beim Lesen und Entdecken. Und übrigens: Ein Besuch im Museum lohnt sich dennoch allemal. Denn in Museen gibt es immer etwas zu entdecken.

Tanzende Schiffe

Vor über 2.000 Jahren lebten hier bei uns Römer und Germanen neben- und miteinander. Es wurde erkundet, gebaut, gehandelt und manchmal auch gekämpft. Der Rhein diente dabei als eine Art Grenze, die auch Limes genannt wurde. Aus dieser Zeit gibt es eine Menge zu entdecken. An fünf Standorten kannst Du bei der Archäologischen Landesausstellung „Roms fließende Grenzen“ in die Zeit der Römer eintauchen und viele interessante Funde aus Deiner Umgebung sowie genaue Nachbildungen bestaunen.

In Xanten lernt das neugierige Trio tanzende Schiffe und allerlei Gottheiten kennen. Und nicht nur das …

Der Rhein

„Oh, wie schön!“ Klaus freut sich: „Die haben hier Schiffchen.“ Nicki Nuss stürmt heran und ist völlig begeistert: „Die können wir super in der Badewanne schwimmen lassen.“ „Halt, Finger weg von der Vitrine! Diese Schiffchen sind kein Spielzeug“, stoppt Nina die beiden. Aber wer hat denn hier so tolle Schiffsmodelle? Wir sind im LVR-RömerMuseum im Archäologischen Park Xanten. Der liegt dort,wo vor fast 2.000 Jahren eine römische Stadt stand, die Colonia Ulpia Traiana – und die lag damals direkt am Rhein.

Der Rhein hatte für die Römer nicht nur als Grenze eine große Bedeutung. Der Fluss konnte, genau wie heute, von Schiffen befahren werden. Neben Transportschiffen gab es auch schnelle Boote, von denen hier Modelle gezeigt werden. Die Römer nannten diese Boote Lusorien, das heißt die „Tanzenden“. Die Boote gehörten zur Rheinflotte und patrouillierten auf dem Fluss. Sie hatten zwar auch einen Mast mit Segel, mussten aber die meiste Zeit gerudert werden. Und das oft gegen die Rheinströmung!

LVR-Archäologischer Park Xanten / Olaf Ostermann
LVR-Archäologischer Park Xanten / Axel Thünker DGPh

Römisches Militär am Niederrhein

„Da ist ein Engel!“ Nicki Nuss und Klaus sind bereits vorausgegangen. „Nicht ganz, das ist Victoria, die Siegesgöttin. Ihr Name bedeutet auch nichts anderes als Sieg“, erklärt Nina siegessicher. Und sie weiß noch mehr über diese Göttin: „Sie wird oft mit Flügeln auf einer Weltkugel stehend dargestellt. In der Hand hält sie einen Siegeskranz.“ Nicki Nuss spottet: „Die waren ja nicht gerade sehr einfallsreich mit ihren Namen, die Römer.“ „Trotzdem war gerade die Siegesgöttin besonders wichtig für die römischen Kaiser. Sie glaubten an den Einfluss Victorias auf ihren Erfolg. Auch die römischen Soldaten verehrten natürlich oft die Siegesgöttin“, erklärt Nina.

Die drei drehen sich um und schauen in die nächste Vitrine. „Oha, die Werkzeuge sind aber toll!“, meint Nicki Nuss. „Damit kann ich im Herbst meine Nüsse vergraben.“ „Aber nein. Das sind sogenannte Schanzäxte. Mit ihnen legten die Legionäre die Militärlager an oder bauten Straßen.“ Nina weiß es mal wieder besser. Tatsächlich mussten die römischen Soldaten jedes Mal, wenn sie ein Lager für die Nacht aufschlugen, einen Graben außenrum ziehen. Für jeden Soldaten war das ein etwa 80 Zentimeter langes Stück. Der Graben musste so tief sein, damit er ein kaum zu überwindendes Hindernis darstellte! „Eine ganz schöne Plackerei!“, seufzt Nicki Nuss.

Kult des römischen Militärs

„Oh, was ist das denn für eine Anlage auf dem Bild? Ist es vielleicht das Haus vom Statthalter? Denn da läuft eine ganze Menschenmenge hin“, erkundigt sich Klaus. Nina schmunzelt: „Nein, das Gebäude war für eine noch wichtigere Persönlichkeit. Das ist ein Tempel für eine der vielen Gottheiten, die im römischen Reich verehrt wurden. Die Siegesgöttin Victoria kennen wir ja schon. Der hier abgebildete Tempel war einer germanischen Göttin namens Vagdavercustis gewidmet.“ „Wackadacka? Die Göttin der Versprecher und Zungenbrecherei!“, rollt Klaus seine lange Froschzunge. „Wahrscheinlich war sie eine Art Kriegsgöttin. Wir kennen ihren Namen von kleinen Bruchstücken von Weihesteinen, wie sie hier in der Vitrine zu sehen sind. Die Mensche brachten sie den Göttern als Opfer dar“, erklärt Nina.

„Wisst Ihr noch, als wir darüber gesprochen haben, dass römische Soldaten oft weit entfernt von ihrer Heimat stationiert waren? Ihre Religion brachten sie natürlich mit. So haben sie bestimmt dabei geholfen, andere Kulte zu verbreiten“, erklärt Nina mal wieder ihren Freunden. Vagdavercustis war wohl vor allem bei den Germanen hier am Niederrhein bekannt. Andere Götter wurden nahezu überall im römischen Reich verehrt. „Einer von ihnen war Merkur. Dieser Gott entstammte eigentlich der Götterwelt der Griechen. Die kannten ihn als Hermes. Aber egal  unter welchem Namen: Die Menschen schätzten ihn als Schutzherrn der Hirten, der Reisenden und insbesondere der Kaufleute“, berichtet Nina.

LVR-Archäologischer Park Xanten / Olaf Ostermann
LVR-LandesMuseum Bonn / Jürgen Vogel

Das Leben im römischen Hinterland

„Uff, das ist aber ein ganz ordentlicher Brocken!“, rufen Nicki Nuss und Klaus mit Blick auf einen riesigen Stein. „Allerdings! Und mit diesem Brocken hat es etwas Besonderes auf sich: Die Bewohner eines römischen Dorfes haben diesen alten Mühlstein zweckentfremdet, denn das war er ursprünglich einmal. Sie beschrifteten ihn mit den Worten ‚FINES VICI‘“, erklärt Nina. „Und was soll das bedeuten?“, fragt Klaus ungeduldig nach. „Das bedeutet in etwa die Grenze des Dorfes. Der Stein wurde als Grenzmarkierung genutzt. Damit versuchten die Bewohner ihre Siedlung, den Vicus, zu schützen“, antwortet Nina. In den Vici lebten vor allem Händler und Handwerker. Da die Kleinstädte oft in der unmittelbaren Umgebung von Militärlagern entstanden, siedelten sich auch die Angehörigen der Soldaten gerne in ihnen an. Die Bewohner genossen dort einen sehr hohen Lebensstandard. Der Handel in Niedergermanien blühte. Waren aus weit entfernten Teilen des römischen Reiches fanden ihren Weg über den Rhein hinauf bis nach Xanten.

Ruhr-Universität Bochum / Baoquan Song

„Schaut einmal hier!“, Nina deutet auf etwas, was wie ein Schildchen aussieht: „Solche Bleietiketten hingen an Paketen und Gefäßen, um den Inhalt zu kennzeichnen. Außerdem trugen sie den Namen des Warenempfängers. Man wollte doch, dass die Lieferung am richtigen Ziel ankommt.“ „Das wünschte ich mir für meine Pakete auch oft“, grinst Nicki Nuss. Auf diesem Etikett kann man das Wort „Prisci“ erkennen, also hieß der Empfänger wohl Priscus. Auf der Rückseite ist neben einer Gewichtsangabe von fünf Pfund auch ein Kürzel für den Inhalt angegeben: „MU“. Was da letztlich geliefert wurde, das wird das neugierige Trio leider nie erfahren.

Entdecke die Römer

In den Jahren 2021 und 2022 haben fünf Standorte in NRW den Limes genauer beleuchtet. Man konnte allerhand erfahren über das Leben im Gutshof oder Wohnstallhaus, über germanische Hilfssoldaten oder römische Ärztinnen. Zur Archäologische Landesausstellung „Roms fließende Grenzen“ hat die NRW-Stiftung ein Entdeckerbuch mit dem neugierigen Eichhörnchen Nicki Nuss gemacht. Mit Nicki Nuss kannst Du spannende Rätsel lösen und spielerisch in die Zeit der Römer eintauchen. Das Entdeckerbuch ist auch ohne die Ausstellungen ganz spannend.

Du magst Rätsel? Dann findest Du hier weitere Entdecker-Aufgaben. Die kannst Du auch ohne die Ausstellung „Roms fließende Grenzen“ machen.

Wo?

LVR-Archäologischer Park Xanten / LVR-RömerMuseum
Trajanstraße 10
46509 Xanten
Web: www.apx.lvr.de