Neuss-Reckberg

Die wissbegierigen Freunde machen heute eine kleine Wanderung. Sie reisen in die Vergangenheit, zu den Römern in Neuss-Reckberg. Denn dort steht ein Wachtturm, der auch heute noch beeindruckt.

Ständig auf der Hut: Das Kleinkastell und der Wachtturm

„Schaut mal, hier ist ja ein richtiges römisches Gebäude zu sehen!“, ruft Nicki Nuss seinen Freunden Nina und Klaus zu. Das Trio ist auf der Straße „Am Reckberg“ östlich von Neuss unterwegs. „Aber Nicki, dann wäre der Turm ja fast 2 000 Jahre alt“, gibt Nina ihrem Freund zu bedenken.

„Das ist doch bestimmt ein Nachbau!“, kommentiert Klaus. „Stimmt“, bestätigt Nina. „Wie alle Nachbauten von römischen Wachttürmen sieht dieser aus wie eine Darstellung auf einer Siegessäule, die für Kaiser Trajan in Rom gebaut wurde, die nennt man Trajanssäule. Da man auch hier nur die Grundmauern ausgegraben hat, weiß man nicht, wie viele Etagen der Turm hatte, wie hoch er war oder ob er tatsächlich einen umlaufenden Wehrgang hatte“, erklärt Nina und zuckt mit den Schultern.

„Wann haben die Römer den Turm gebaut?“, will Klaus wissen. „Irgendwann im letzten Viertel des 1. Jahrhunderts nach Christus“, weiß Nina. „Das würde zumindest ganz gut zu Wahrscheinlich hat der Turm dann etwa 100 Jahre lang gestanden, bis in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts.“ Nicki unterbricht seine Freundin: „Zu dieser Zeit haben doch die Germanen und Römer gegeneinander gekämpft“, fällt dem Eichhörnchen ein. „Da könnte der Turm dann zerstört worden sein.“ „Ein paar hundert Meter von hier, ebenfalls direkt an der Straße, gibt
es übrigens noch mehr römische Reste“, erzählt Nina weiter. „Dort hatten die Römer ein schon fast winziges Kastell gebaut.“

„Ist das Kastell genauso alt wie der Wachtturm?“, fragt Klaus. „Ja, wahrscheinlich“, antwortet Nina. „Zuerst haben die Römer auch hier ein Lager mit einer Holz-Erde-Mauer gebaut. Das war sogar ein kleines bisschen größer als das Kastell aus Stein, das sie dann später errichtet haben. Wie beinahe um jedes ihrer Lager haben die Römer auch hier einen doppelten Graben gezogen.“

Der Wachtturm hatte einen Grundriss von ungefähr fünf mal fünf Metern und war auf einen Steinsockel aufgesetzt. Er war wohl von einer Palisade und einem Spitzgraben umgeben.

„Warum haben die Römer eigentlich ausgerechnet hier ein so kleines Lager und einen Wachtturm gebaut?“, erkundigt sich Nicki Nuss. „Wahrscheinlich, weil es ganz in der Nähe eine flache Stelle im Rhein gab – eine Furt, an der man den Fluss auch ohne Brücke überqueren konnte“, antwortet Nina. „Solche Stellen mussten natürlich überwacht werden. Tatsächlich konnte man vom Turm aus weit in das Land der Germanen sehen. Im Falle eines Angriffs konnte die Wachmannschaft dann rechtzeitig die Besatzungen der Kastelle in Neuss und Dormagen alarmieren.“

„Und wie das meistens so ist, wenn man Handelswaren über eine Grenze bringt, mussten sie dann Zoll bezahlen“, fällt Klaus ein. „Ja, genau“, bestätigt Nina. „Die Furt war ein guter Handelsplatz. Genau deshalb gab es auf der anderen Straßenseite, gegenüber vom Wachtturm, ein kleines Dorf. Da konnten die Germanen ihre Pelze und ihren Bernstein gleich gegen schöne Tontöpfe und Gläser eintauschen.“

„Und gegen römische Waffen!“, ruft Nicki dazwischen. „Ja, und gegen Waffen“, bestätigt Nina. „Denn obwohl den meisten Römern vollkommen klar war, wozu germanische Krieger die Waffen brauchten, haben manche von ihnen damit trotzdem Geld verdienen wollen.“

Blau: römischer Rhein; orangefarbene Linie: Straße (teilweise rekonstruiert); grün: Siedlung; rot: Gräberfeld orange: Militäranlagen

Die Lage des Kleinkastells, des Wachtturms, des Dorfes und der Friedhöfe am Reckberg. Die Grundfläche des Wachtturms ist in diesem Bild für eine bessere Erkennbarkeit vergrößert dargestellt.

Schon gewusst?

Die heutige Straße „Am Reckberg“ verläuft tatsächlich genau da, wo auch die Römerstraße zwischen den Lagern Novaesium und Durnomagus verlief. Reiter waren schnell unterwegs. Außerdem haben nicht nur plündernde Germanenhorden den Rhein überquert. Viele Germanen kamen auch, um friedlich Handel zu treiben. Auch viele Römer sind genau deswegen in die Germania magna gegangen.