Auxiliare: Die Helfer in Till-Moyland
„Du, Nina, sind wir hier richtig?“, fragt Klaus. „Ja, sind wir“, beruhigt ihn Nina. Die beiden und ihr Freund Nicki Nuss stehen in der Nähe von Bedburg-Hau am Steincheshof in Till. Sie sind der Sommerlandstraße von der Ecke Bienenstraße 800 Meter in Richtung Moyland gefolgt und dann links abgebogen. Durch die Felder nähern sie sich dem Steincheshof. „Wir stehen hier wieder bei einem römischen Militärlager, auch wenn man nichts sehen kann“, sagt Nina und deutet um sich. „Es liegt nämlich wieder alles gut geschützt unter der Erde.“
Nina fährt fort: „Genauer gesagt stehen wir hier bei zwei Lagern. Das ältere hatte eine Holz-Erde-Mauer und keinerlei Innenbebauung. Das jüngere, kleinere Kastell, das an derselben Stelle gebaut worden war, hatte eine Innenbebauung in Holz-Fachwerk-Bauweise.“
„Welche Soldaten waren hier denn stationiert?“, erkundigt sich Nicki Nuss. „Das wissen wir nicht genau“, antwortet Nina. „Nach der Größe des älteren Lagers zu schließen, lagen hier Auxiliare. Das war entweder eine reine Reiter-Truppe (auch ala genannt) oder aber eine gemischte Truppe mit Reitern und Fußsoldaten, eine sogenannte cohors milliaria equitata.“
„Was heißt eigentlich Auxiliare?“, will Klaus wissen. Nina gibt Auskunft: „Das Wort auxilium bedeutet im Lateinischen Hilfe. Das waren also Hilfstruppen. Das heißt aber nicht, dass sie schlechter waren als die Legionäre. Truppen kamen sich im Kriegsfall manchmal gegenseitig zu Hilfe. In der Kaiserzeit bestand die römische Armee zur Hälfte aus Auxiliaren.“
„Die Hilfstruppen halfen also den Legionen?“, fragt Klaus. „Ja, das taten sie“, bestätigt Nina. „Die Hilfstruppen umfassten all die Truppentypen, die es in der Legion nicht gab. Und da die Hilfstruppen von den verschiedenen Völkern gestellt wurden, die es im Römischen Reich gab, waren darunter echte Spezialtruppen. Es gab Bogenschützen aus Syrien, Schleuderer aus Spanien, Reiter aus Gallien und Germanien und aus Nordafrika sogar Kamelreiter. Von den Kamelreitern waren aber nie welche hier am Niedergermanischen Limes stationiert. Viele Auxiliar-Einheiten bestanden aus leichter Infanterie – wobei deren Ausrüstung aber alles andere als leicht war.“
Nina führt weiter aus: „Statt des Wurfspeers pilum führten die Auxiliare eine Lanze, die hasta. Statt des großen, gewölbten Schildes namens scutum hatten sie einen flachen, ovalen Schild, die parma. Früher als die Legionäre ersetzten sie ihr kurzes Schwert, den gladius, durch ein langes Schwert, die spatha, und der Schienenpanzer wurde bei ihnen nie eingeführt.“ Nicki kratzt sich am Kopf. „Nina, wie kannst du dir all diese Namen bloß merken?“, fragt das Eichhörnchen sichtlich beeindruckt.
„Welche Aufgaben genau hatten die Auxiliare?“, fragt Klaus nach. „In der Schlacht führte die leichte Infanterie schnelle und kurze Angriffe. Die Reiterei bildete die Flügel der Schlachtordnung, also kämpften sie an den äußeren Seiten der Front. Auf dem Marsch sicherten die Hilfstruppen den Tross der Legionen“, schildert Nina.
„Und was haben die Hilfstruppen hier am Limes gemacht? Die waren ja teilweise ziemlich weit weg von den Legionen, die sie unterstützen sollten“, meint Nicki. Auch da weiß Nina weiter: „Wenn sie nicht mit den Legionen in die Schlacht zogen, haben die Hilfstruppen große Teile der Grenzsicherung übernommen. Das haben wir ja schon überall auf unserer Tour sehen können. Manche Auxiliar-Einheiten waren aber auch zusammen mit einer Legion in einem gemeinsamen Lager untergebracht. Übrigens zählte ja auch die römische Flotte zu den Hilfstruppen.“
„Legionäre waren ja von Beruf Soldaten. Waren das die Auxiliar-Soldaten auch?“, fragt diesmal wieder Klaus. Nina erklärt: „Hilfstruppensoldaten haben das ebenfalls beruflich gemacht. Ihre Dienstzeit war aber etwas länger als die der Legionäre. Sie dauerte 25 Jahre. Der Sold, also ihre Bezahlung, war außerdem niedriger als bei den Legionen. Trotzdem arbeiteten viele Bewohner der Provinzen gerne als Auxiliar. Bei der Entlassung aus dem Militärdienst erhielten sie nämlich das römische Bürgerrecht, das heißt, sie bekamen mehr Rechte. Zum Beispiel durften sie heiraten. Ihre Kinder bekamen dann automatisch auch das römische Bürgerrecht. Es ging ja nicht allen Leuten in den Provinzen so gut wie den Leuten, deren Städte zu Kolonien ernannt worden waren.“
„Warum waren die Hilfstruppen eigentlich immer so weit weg von zu Hause stationiert? Wäre das nicht auch anders gegangen?“, möchte Klaus wissen. „Da haben die Römer zum Beispiel aus dem Bataver-Aufstand gelernt“, weiß Nina. „Die Soldaten der Bataver, die damals nahe ihrer Heimat stationiert waren, schlossen sich nämlich den Aufständischen an – also dem Aufstand gegen die römische Herrschaft. Um solche Bündnisse zu vermeiden, wurden die Hilfstruppen fern ihrer Heimat stationiert.“
„Durften eigentlich auch römische Bürger in die Hilfstruppen statt in die Legionen eintreten?“, will es nun Nicki wissen. „Ja, durften sie“, bestätigt Nina mit einem Grinsen. „Das lohnte sich auch für sie. Da hatten sie nämlich bessere Aussichten auf höhere Dienstgrade.“
„Wurden die Soldaten der Hilfstruppen auch von ihren eigenen Leuten geführt?“, fragt Nicki weiter. Nina verneint: „Nö, so sehr haben die Römer den Leuten aus den Provinzen nicht vertraut. Das Kommando in den Auxiliar-Einheiten führten römische Offiziere.“