Bastle bunte Vögel!

Mit dieser Anleitung kannst Du Dir ganz einfach bunte Vögel basteln.

Du brauchst dafür:

  • buntes Tonpapier oder weißes Papier
  • Kleber
  • Schere
  • etwas Wolle oder Schnur
  • Stifte oder Marker zum Ausmalen (falls du die Vögel selbst ausmalen möchtest)
  • Wackelaugen oder weißes Papier
  • Vorlage

1. Schritt

Schneide sorgfältig alle Teile aus der Bastelvorlage aus.

2. Schritt

Lege nun die ausgeschnittenen Teile auf das Tonpapier und zeichne die Ränder nach.

3. Schritt

Jetzt kannst du deinen Vogel ausschneiden. Tipp: Wenn du lieber einen selbst bemalten Vogel haben möchtest, verwende anstelle des bunten Tonpapiers einfach nur weißes Papier, welches du dann mit Buntstiften oder Filzstiften bemalen kannst. Vielleicht bastelst du einfach mehrere Vögel?

4. Schritt

Für den Schnabel schneidest du dir einfach ein kleines Dreieck aus gelbem Tonpapier aus. Klebe den Schnabel an den Kopf des Vogels, noch bevor du die beiden Seiten des Vogel-Körpers zusammenklebst.

5. Schritt

Ebenfalls vor dem Zusammenkleben des Körpers schneidest du oben ein kleines Loch aus. Dann fädelst du die Schnur durch das kleine Loch, damit du deinen Vogel später aufhängen kannst.

6. Schritt

Der Vogel kann so noch nicht fliegen, weshalb du ihm auf beiden Seiten noch die Flügel aufklebst. Alternativ eignen sich auch ein paar Federn. Du kannst deiner Fantasie freien Lauf lassen und den Vogel so gestalten, wie du magst. Solltest du zu Hause auch noch bunte Bändchen oder Bastelperlen haben, kannst du deine Vögel damit verzieren. Damit dein Vogel etwas sehen kann, klebst du ihm ein paar Wackelaugen auf. Alternativ kannst du kleine Kreise aus weißem Papier ausschneiden und darin einen schwarzen Punkt malen.

7. Schritt

Jetzt sind deine Vögel fertig! Du kannst sie an einem Ast befestigen oder einfach auf einen Tisch stellen, um sie bewundern zu können. Viel Spaß beim Basteln deiner eigenen Vogelfreunde!

Kalkar-Bornsches Feld

In Kalkar-Altkalkar finden sich Nicki Nuss und seine Freunde an einer spannenden Stelle wieder, an der sich einmal eine der schnellen Eingreiftruppen der Römer befunden hat: die zu Pferde. Hier, wo sich einst das Hilfstruppenkastell Burginatium befand, erfährt das Trio so einiges über die römischen Reitertruppen und ihre Ausrüstung.

Schnelle Eingreiftruppe: Die Reitereinheiten

„Sag mal, Nina, wir stehen hier ja schon wieder mitten im Nirgendwo“, stellt Nicki Nuss fest. Das Eichhörnchen, seine Freundin Nina und ihr gemeinsamer Freund Klaus stehen auf dem Bornschen Feld in Kalkar-Altkalkar, am Straßenrand der Bundesstraße 57. „Das liegt daran, dass auch hier oberirdisch fast nichts erhalten ist“, erklärt Nina. „Fotos aus der Luft und Messungen von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen zeigen aber, wo die römischen Reste liegen – und zwar hier direkt unter unseren Füßen.“

„Und was war hier?“, fragt Klaus. „Hier in Kalkar-Altkalkar war ein Kastell für eine römische Reitereinheit“, antwortet Nina. „Diese Straße hier verläuft mitten durch das Lager.“ Nicki Nuss ist neugierig: „Was für eine Einheit war das?“ Nina weiß natürlich die Antwort: „Das war eine ala. Das Wort bedeutet ‚Flügel‘, weil die Alen in der Schlacht als linker und rechter Flügel einer Legion dienten.“

Der Grabstein des Gaius Julius Primus aus Burginatium. Er diente in der ala I Noricorum.
Der Grabstein des Gaius Julius Primus aus Burginatium. Er diente in der ala I Noricorum.

„Hat sich die Ausrüstung eines Reiters eigentlich von der eines Fußsoldaten unterschieden? Also mal abgesehen davon, dass er ein Pferd hatte“, fragt Klaus. „Römische Reiter trugen in der Kaiserzeit einen Helm, der den ganzen Kopf umhüllte“, berichtet Nina. „Die Ohren waren, anders als bei den Helmen der Fußsoldaten, vollständig von den Wangenklappen verdeckt. Das Gesicht war, zumindest bei der Parade, hinter einer versilberten Maske verborgen. Eine solche Maske hat das Gesicht aber auch sehr gut in der Schlacht geschützt.“

„Und wie sahen die Rüstungen aus?“, hakt Klaus nach. Nina erzählt weiter: „Sie trugen sogenannte lorica. Das waren Kettenhemden oder Schuppenpanzer. Schienenpanzer haben die Soldaten der Hilfstruppen nach den aktuellen Erkenntnissen nicht getragen.“„Und die Pferde?“ Diesmal fragt Nicki nach. „Die hatten, zumindest in der frühen Kaiserzeit, keinen Schutz“, erklärt Nina. Erst unter Kaiser Hadrian kam der cataphractus auf: eine schwere Panzerung von Reiter und Pferd. Gepanzerte Reiter gab es da ganz im Osten des Römischen Reiches schon seit fast 1 000 Jahren.“

„Sag mal, ist so ein kurzes Stoßschwert wie der gladius nicht furchtbar unpraktisch, wenn man vom Pferderücken herab kämpfen muss?“, fragt Nicki weiter. „Ja“, bestätigt Nina. „Deshalb haben römische Reiter auch ein langes Schwert benutzt, die spatha. Diese Waffe hatten sie sich von den Kelten abgeguckt.“

„Dann haben die Reitersoldaten sicher auch einen anderen Schild gehabt. So ein großes scutum war doch auf dem Pferd bestimmt viel zu unpraktisch“, gibt Nicki zu bedenken. „Stimmt“, pflichtet ihm Nina bei. „Die römischen Reiter haben kleinere, ovale oder sechseckige, vor allem aber flache Schilde benutzt. Die hatten die Soldaten längs an der Seite des Pferdes hängen– außer in der Schlacht natürlich.“

„Und welche Waffen hatten die römischen Reiter sonst noch?“, fragt Klaus weiter. Nina weiß es: „Zur Ausrüstung gehörte auch eine lange Lanze. Außerdem hatten manche Reiter noch einen Köcher mit langen Wurfpfeilen am Sattel hängen.“

„Einen Sattel haben römische Reiter also benutzt?“, hakt Nicki nach. „Ja, aber der war mal wieder eine keltische Erfindung, der sogenannte Hörnchensattel“, erklärt Nina. „Der heißt so, weil er vorne und hinten je zwei seitliche Hörnchen hatte. Vor allem an den vorderen Hörnchen konnte der Reiter seine Beine abstützen, wenn er nach hinten überzukippen drohte – was in der Schlacht schnell passieren konnte. Der Hörnchensattel hatte übrigens noch keine Steigbügel. Die kamen im Römischen Reich erst im 6. Jahrhundert auf.“ Klaus prustet los: „Nicki, wäre ein Hörnchensattel auch was für ein Eichhörnchen?“ Das Trio lacht vergnügt.

„Die Römer benutzten eine Art Pferdeschuh, die Hipposandale“, fährt Nina fort. „Die wurde über den Huf gebunden. Spätestens im Galopp dürften die Dinger aber im hohen Bogen durch die Gegend geflogen sein.“

„Und wie haben die römischen Reiter ihre Pferde gelenkt?“, fragt Nicki neugierig nach. „So wie Reiter heute auch“, antwortet Nina. „Mit dem Druck ihrer Beine, durch die Verlagerung ihres Gewichts und natürlich mit Zügeln und einer Trense im Pferdemaul.“

Aufschlussreiche Fundstücke

Einige Funde aus Burginatium sind im Städtischen Museum Kalkar ausgestellt. Infos zum Museum gibt es hier.

Kleve-Keeken

In Kleve-Keeken erfahren die drei Freunde viel darüber, wie Archäologinnen und Archäologen arbeiten. Mit den unterschiedlichsten Methoden finden die Forscherinnen und Forscher nämlich heraus, wie es zur Zeit der Römer hier ausgesehen haben müsste. Auch, wenn sie nichts ausgraben …

Archäologie ohne Ausgrabung

„Hier ist der Rhein auch heute noch eine Grenze“, meint Nina und zeigt nach Norden. „Da drüben, keinen Kilometer von hier entfernt, auf der anderen Rheinseite, sind die Niederlande.“ Nina, Nicki Nuss und Klaus stehen an der Ecke Düffelgaustraße und Kranichweg in Kleve, im Ortsteil Keeken. „Und hier“, Nina zeigt in die andere Richtung, „ist das letzte Römerlager auf unserer Tour. Das haben die Römer an einer ganz wichtigen Stelle gebaut. Denn nur ein bisschen weiter rheinabwärts gabelt sich der Rhein und umfließt die Bataver-Insel.“

„Ach je, Nina, hier ist ja schon wieder nichts von dem Lager zu sehen“, beschwert sich Nicki. „Das liegt daran, dass auch hier nichts ausgegraben wurde“, erklärt Nina. „Das Thema hatten wir doch schon: Archäologinnen und Archäologen machen heute nur noch dann eine Ausgrabung, wenn ein Denkmal im Boden von der Zerstörung bedroht ist oder wenn sie ganz spezielle Fragen haben. Denn auch ein Bodendenkmal auszugraben, bedeutet, es zu zerstören. Deswegen gehen Archäologinnen und Archäologen bei der Ausgrabung immer planvoll und mit Bedacht vor. Alles, was sie finden, wird sorgfältig beschrieben, fotografiert, gezeichnet und vermessen. Anschließend kommen die Unterlagen in ein Archiv und die Funde werden gereinigt, verpackt und in einem Magazin gelagert. Nur so bleiben die bei der Ausgrabung gewonnenen Informationen für die Forschung erhalten.“

Hier findet eine sogenannte Rammkern-Bohrung auf dem Gelände des Legionslagers Neuss statt.
Hier findet eine sogenannte Rammkern-Bohrung auf dem Gelände des Legionslagers Neuss statt.

„Aber wie haben die Archäologen und Archäologinnen das Lager hier finden können?“, hakt das Eichhörnchen nach. „Durch die Auswertung von Luftbildern. Wo die Reste von alten Bauwerken im Boden liegen, wachsen Pflanzen nämlich anders. Das kann man aus der Luft sehen. So wurde auch der doppelte Graben entdeckt, der das Lager hier umschloss.“

„Wie groß war denn das Lager?“, will Klaus wissen. „War hier eine ganze Legion stationiert?“ „Der vollständige Umriss des Lagers ist nicht bekannt“, erklärt Nina. „Auch Gebäude im Lagerinneren sind nicht nachgewiesen. Genauso wenig weiß man, ob hier dauerhaft Truppen stationiert waren oder ob das Lager nur als Durchgangsstation diente. Auf jeden Fall war die Kontrolle über die Flussverzweigung hier sehr wichtig. Immerhin waren Rhein und Waal die Verbindung Niedergermaniens zur Nordsee und damit nach Britannien.“

„Aber wenn an so vielen Stellen gar nicht ausgegraben wurde, wie haben die Archäologen und Archäologinnen all das herausgefunden, was du uns entlang des Niedergermanischen Limes erzählt hast?“, fragt Klaus bei Nina nach. Nina nimmt sich Zeit für eine Antwort: „Zunächst ist da einmal die Prospektion. So nennt man eine Vor-Suche. Oft sind es ja zufällige Funde von einzelnen Objekten auf einem Feld oder einer Wiese, die die Archäologinnen und Archäologen auf die Spur bringen. Wenn aufgrund solcher Zufallsfunde ein Verdacht auf weitere Reste im Boden besteht, dann wird die Fläche drumherum abgesucht, um sogenannte Lesefunde einzusammeln. So bekommt man schon einmal eine Idee vom Alter und von der möglichen Ausdehnung eines Bodendenkmals. Mithilfe von Bohrungen erhält man dann weitere Informationen über Bodenaufbau und -verhältnisse.“

„Oh Mann, so viele Untersuchungen schon vor der Ausgrabung!“, wundert sich Nicki Nuss. „Es wird noch besser“, fährt Nina fort. „Jetzt kommt die Geophysik zum Einsatz, nämlich zum Beispiel die Messungen des magnetischen Feldes der Erde und des elektrischen Widerstandes des Bodens. Man kann die obersten Bodenschichten auch mit Radarstrahlen durchleuchten. Das macht man in einem regelmäßigen Raster. Mit der Magnetik lassen sich besonders gut größere Objekte zum Beispiel aus Eisen, Basalt oder gebranntem Ton nachweisen. Auch verfüllte Gräben und Gruben sind mit diesem Verfahren oft gut zu erkennen. Der elektrische Widerstand im Boden wird in erster Linie durch den Wassergehalt bestimmt. Man misst also, wie viel Wasser der Boden speichert“, erläutert Nina und beeindruckt ihre Freunde wieder einmal mit ihrem Wissen.

Luftbild der westlichen Ecke des Doppelgrabens des Lagers von Kleve-Keeken: Zwischen den hellen Spuren des Traktors sind die beiden Gräben als dunkle Linien deutlich zu erkennen.
Luftbild der westlichen Ecke des Doppelgrabens des Lagers von Kleve-Keeken: Zwischen den hellen Spuren des Traktors sind die beiden Gräben als dunkle Linien deutlich zu erkennen.

„Und erst dann wird ausgegraben?“, wundert sich Nicki. „Ja“, bestätigt Nina, „und dann werden auch nicht wild Löcher gebuddelt und die gefundenen Sachen einfach aus dem Boden gerupft. Erst wird alles genau gemessen, gezeichnet und fotografiert. Erst, wenn das alles erledigt ist, kommen die gefundenen Gegenstände in die Restaurierungswerkstatt eines Museums. Genauso wichtig wie die Funde, also die Sachen, die man ausgraben kann, sind übrigens auch die Befunde. Das sind Veränderungen im Boden.

So eine Veränderung kann zum Beispiel ein Graben sein, der im Laufe der Zeit wieder verfüllt wurde. Ganz häufig sind auch dunkle Flecken im Boden, die uns zeigen, wo einmal die heute meist längst verfaulten Holzpfosten eines Hauses in der Erde gesteckt haben. Ohne das Wissen über diese Strukturen und ihre Anordnung zueinander sind alle Funde, die heute in den Museen liegen, wissenschaftlich fast wertlos.“

Kleve-Reichswald

Diesmal treffen Nicki Nuss und seine Freunde auf eine echte römische Straße. Sie erfahren, wie gründlich und ausgefeilt die Römer diese wichtigen Verbindungen zwischen ihren Standorten anlegten.

Soldaten als Straßenbauer

„Du, Nina, kann es sein, dass es sich hier mal wieder um ein Denkmal in der Erde handelt?“, fragt Nicki Nuss augenzwinkernd. „Ja, mal wieder“, bestätigt Nina und lacht. Die beiden stehen mit ihrem Freund Klaus im Reichswald von Kleve, an der Einmündung der Poststraße in die Nimweger Straße.

„Hier haben wir eine etwas andere Art von Bodendenkmal“, erklärt Nina. „Es ragte nämlich, anders als ein Gebäude oder eine Mauer, nicht sehr weit aus dem Boden heraus. Das Bodendenkmal hier ist eine Römerstraße. Es ist das Stück Limesstraße, das am deutschen Abschnitt des Niedergermanischen Limes am besten erhalten ist.“

„Ui, das ist wirklich etwas ganz Besonderes“, freut sich Nicki. „Stimmt es eigentlich, dass römische Straßen völlig gerade waren?“, will Klaus wissen. „Die waren nicht alle und nicht überall völlig gerade, aber an vielen Stellen trifft das schon zu“, bestätigt Nina. „Hier übrigens auch. Römerstraßen waren so gerade, weil sie hauptsächlich dazu dienten, Soldaten schnell von einem Ort zum anderen zu bringen. Deshalb sind sie oft die kürzeste Verbindung zwischen diesen Orten, ohne irgendwelche Kurven. Die Straße hier zum Beispiel verband das Hilfstruppenlager in Till im Osten mit dem Legionslager im niederländischen Nimwegen. Das liegt von hier aus ziemlich genau im Westen“, erzählt Nina.

Zeichnung: Oliver Hartmann
Foto: H. Berkel, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Der Querschnitt der Römerstraße im Klever Reichswald

„Sag mal, Nina, wie kommt es eigentlich, dass römische Straßen heute überhaupt erhalten sind?“, fragt Nicki. „Waren das nicht nur bessere Feldwege– höchstens mit ein bisschen Sand oder ein paar Pflastersteinen drauf?“

„Oh, da bist du im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Holzweg“, korrigiert ihn Nina. „Eine römische Straße war ein richtiges Bauwerk. Diese Straßen reichten manchmal mehr als einen Meter in die Tiefe. So eine Römerstraße hatte in der Regel einen soliden Unterbau: ganz unten große Steine, dann Kies und obendrauf Sand. Pflastersteine auf den Straßen gab es hier aber nicht. Die Fahrbahn der Straße war gewölbt, damit Regenwasser gut in die Gräben am Straßenrand abfließen konnte. Das machte die Straßen sehr haltbar.“

„Und was genau ist hier noch von der Straße übrig?“, fragt Klaus. Nina erklärt: „Die Straße ist hier stellenweise noch gut 50 Zentimeter dick und fast sieben Meter breit. Das reichte, damit acht Soldaten nebeneinander marschieren konnten. Sie könnte aber durchaus noch ein bisschen breiter gewesen sein.“

Till

Heute sehen sich Nicki Nuss, Nina und Klaus in der Gemeinde Bedburg-Hau im Ortsteil Till-Moyland um. An diesem Ort, wo die Reste mehrerer Militärlager weitgehend unter der Erde verborgen sind, erzählt Nina ihren Freunden viel über die römischen Hilfstruppen, sogenannte Auxiliare und über ihre Aufgaben und ihre Ausrüstung.

Auxiliare: Die Helfer in Till-Moyland

„Du, Nina, sind wir hier richtig?“, fragt Klaus. „Ja, sind wir“, beruhigt ihn Nina. Die beiden und ihr Freund Nicki Nuss stehen in der Nähe von Bedburg-Hau am Steincheshof in Till. Sie sind der Sommerlandstraße von der Ecke Bienenstraße 800 Meter in Richtung Moyland gefolgt und dann links abgebogen. Durch die Felder nähern sie sich dem Steincheshof. „Wir stehen hier wieder bei einem römischen Militärlager, auch wenn man nichts sehen kann“, sagt Nina und deutet um sich. „Es liegt nämlich wieder alles gut geschützt unter der Erde.“

Nina fährt fort: „Genauer gesagt stehen wir hier bei zwei Lagern. Das ältere hatte eine Holz-Erde-Mauer und keinerlei Innenbebauung. Das jüngere, kleinere Kastell, das an derselben Stelle gebaut worden war, hatte eine Innenbebauung in Holz-Fachwerk-Bauweise.“

„Welche Soldaten waren hier denn stationiert?“, erkundigt sich Nicki Nuss. „Das wissen wir nicht genau“, antwortet Nina. „Nach der Größe des älteren Lagers zu schließen, lagen hier Auxiliare. Das war entweder eine reine Reiter-Truppe (auch ala genannt) oder aber eine gemischte Truppe mit Reitern und Fußsoldaten, eine sogenannte cohors milliaria equitata.“

„Was heißt eigentlich Auxiliare?“, will Klaus wissen. Nina gibt Auskunft: „Das Wort auxilium bedeutet im Lateinischen Hilfe. Das waren also Hilfstruppen. Das heißt aber nicht, dass sie schlechter waren als die Legionäre. Truppen kamen sich im Kriegsfall manchmal gegenseitig zu Hilfe. In der Kaiserzeit bestand die römische Armee zur Hälfte aus Auxiliaren.“

„Die Hilfstruppen halfen also den Legionen?“, fragt Klaus. „Ja, das taten sie“, bestätigt Nina. „Die Hilfstruppen umfassten all die Truppentypen, die es in der Legion nicht gab. Und da die Hilfstruppen von den verschiedenen Völkern gestellt wurden, die es im Römischen Reich gab, waren darunter echte Spezialtruppen. Es gab Bogenschützen aus Syrien, Schleuderer aus Spanien, Reiter aus Gallien und Germanien und aus Nordafrika sogar Kamelreiter. Von den Kamelreitern waren aber nie welche hier am Niedergermanischen Limes stationiert. Viele Auxiliar-Einheiten bestanden aus leichter Infanterie – wobei deren Ausrüstung aber alles andere als leicht war.“

Nina führt weiter aus: „Statt des Wurfspeers pilum führten die Auxiliare eine Lanze, die hasta. Statt des großen, gewölbten Schildes namens scutum hatten sie einen flachen, ovalen Schild, die parma. Früher als die Legionäre ersetzten sie ihr kurzes Schwert, den gladius, durch ein langes Schwert, die spatha, und der Schienenpanzer wurde bei ihnen nie eingeführt.“ Nicki kratzt sich am Kopf. „Nina, wie kannst du dir all diese Namen bloß merken?“, fragt das Eichhörnchen sichtlich beeindruckt.

„Welche Aufgaben genau hatten die Auxiliare?“, fragt Klaus nach. „In der Schlacht führte die leichte Infanterie schnelle und kurze Angriffe. Die Reiterei bildete die Flügel der Schlachtordnung, also kämpften sie an den äußeren Seiten der Front. Auf dem Marsch sicherten die Hilfstruppen den Tross der Legionen“, schildert Nina.

„Und was haben die Hilfstruppen hier am Limes gemacht? Die waren ja teilweise ziemlich weit weg von den Legionen, die sie unterstützen sollten“, meint Nicki. Auch da weiß Nina weiter: „Wenn sie nicht mit den Legionen in die Schlacht zogen, haben die Hilfstruppen große Teile der Grenzsicherung übernommen. Das haben wir ja schon überall auf unserer Tour sehen können. Manche Auxiliar-Einheiten waren aber auch zusammen mit einer Legion in einem gemeinsamen Lager untergebracht. Übrigens zählte ja auch die römische Flotte zu den Hilfstruppen.“

„Legionäre waren ja von Beruf Soldaten. Waren das die Auxiliar-Soldaten auch?“, fragt diesmal wieder Klaus. Nina erklärt: „Hilfstruppensoldaten haben das ebenfalls beruflich gemacht. Ihre Dienstzeit war aber etwas länger als die der Legionäre. Sie dauerte 25 Jahre. Der Sold, also ihre Bezahlung, war außerdem niedriger als bei den Legionen. Trotzdem arbeiteten viele Bewohner der Provinzen gerne als Auxiliar. Bei der Entlassung aus dem Militärdienst erhielten sie nämlich das römische Bürgerrecht, das heißt, sie bekamen mehr Rechte. Zum Beispiel durften sie heiraten. Ihre Kinder bekamen dann automatisch auch das römische Bürgerrecht. Es ging ja nicht allen Leuten in den Provinzen so gut wie den Leuten, deren Städte zu Kolonien ernannt worden waren.“

„Warum waren die Hilfstruppen eigentlich immer so weit weg von zu Hause stationiert? Wäre das nicht auch anders gegangen?“, möchte Klaus wissen. „Da haben die Römer zum Beispiel aus dem Bataver-Aufstand gelernt“, weiß Nina. „Die Soldaten der Bataver, die damals nahe ihrer Heimat stationiert waren, schlossen sich nämlich den Aufständischen an – also dem Aufstand gegen die römische Herrschaft. Um solche Bündnisse zu vermeiden, wurden die Hilfstruppen fern ihrer Heimat stationiert.“

„Durften eigentlich auch römische Bürger in die Hilfstruppen statt in die Legionen eintreten?“, will es nun Nicki wissen. „Ja, durften sie“, bestätigt Nina mit einem Grinsen. „Das lohnte sich auch für sie. Da hatten sie nämlich bessere Aussichten auf höhere Dienstgrade.“

„Wurden die Soldaten der Hilfstruppen auch von ihren eigenen Leuten geführt?“, fragt Nicki weiter. Nina verneint: „Nö, so sehr haben die Römer den Leuten aus den Provinzen nicht vertraut. Das Kommando in den Auxiliar-Einheiten führten römische Offiziere.“

Kalkar-Kalkarberg

Nina, Klaus und Nicki Nuss sind vom Kastell Burginatium entlang der Römerstraße nach Kalkarberg gewandert. Unterwegs hat das Trio nur ein Thema: alles rund um Götter. Auch, wenn sie nicht alle göttlichen Namen aussprechen können …

Vagdavercustis, die Göttin aller Krieger

„Sag mal, Nina, verstehe ich das richtig, dass hier wieder etwas Römisches im Boden liegt, das man nicht sehen kann?“, fragt Nicki Nuss mit einem schelmischen Blick. „Stimmt genau“, entgegnet Nina. „Hier, wo die Straße ‚Im Dahl‘ einen Knick macht, haben wir einen guten Blick auf die Stelle, an der vor fast 2000 Jahren der Tempel der Kriegsgöttin Vagdavercustis stand.“

„Wagawas?“, stottert Klaus. „Vagdavercustis“, wiederholt Nina. „Das war eine germanische Kriegsgöttin. Auf der leichten Anhöhe dort drüben stand vom 1. bis zum 4. Jahrhundert nach Christus die bislang einzige bekannte Tempelanlage, die ihr geweiht war. Das Heiligtum war ringsum von einer Mauer umgeben. Diese Mauer umschloss den heiligen Bezirk, den temenos. In der Mitte des Heiligtums stand ein sogenannter Umgangstempel“, macht es Nina wieder einmal spannend.

„Umgangstempel, das klingt ein wenig komisch – ist ein Umgangstempel etwas Besonderes?“, fragt Nicki. „Oh ja“, antwortet Nina. „Solche Tempel kennt man nur aus den gallischen und germanischen Provinzen des Römischen Reiches. Die heißen so, weil rund um die cella, also um den Raum mit der Götterstatue, den nur die Priester betreten durften, ein überdachter Säulengang herumlief.“

„Gab es im heiligen Bezirk noch mehr Gebäude?“, will Klaus wissen. „Ja, die gab es“, bekräftigt Nina. „Direkt neben dem Tempel stand ein rechteckiges Gebäude, das der Kultgemeinde vielleicht als Versammlungsraum diente. Auf der Rückseite der ganzen Anlage stand ein Wohnhaus, das wahrscheinlich für die Priester oder die Pilger da war. Das Haus hatte sogar eine Fußbodenheizung!“

Lebensbild des Heiligtums der Vagdavercustis während des 2. und 3. Jahrhunderts
Lebensbild des Heiligtums der Vagdavercustis während des 2. und 3. Jahrhunderts
Im Heiligtum niedergelegte Opfergaben und Bruchstücke einer Statue
Im Heiligtum niedergelegte Opfergaben und Bruchstücke einer Statue

„Und wer hat zu dieser Göttin mit warmen Füßen gebetet?“, interessiert sich jetzt Nicki Nuss. Nina erzählt: „Das waren wohl vor allem Kavalleristen aus dem benachbarten Kastell Burginatium und Legionäre der legio XXX Ulpia victrix aus Vetera castra in Xanten. Bei ihren Ausgrabungen haben Archäologen und Archäologinnen Bruchstücke von Weihesteinen mit entsprechenden Inschriften gefunden. Als Opfergaben weihten die Soldaten vor allem Waffen und militärische Ausrüstungsgegenstände.“

„Wieso haben eigentlich römische Soldaten einer germanischen Göttin geopfert?“, fragt Nicki weiter. Auch hier weiß Nina die Antwort: „Na ja, die Römer hatten viele Götter. Die wichtigsten waren Jupiter, der Wettergott und Blitzeschleuderer, seine Frau Juno, die die Familie und das heimische Herdfeuer beschützte, und Minerva, die Göttin der Weisheit und der Strategie des Krieges.“

„Und was war mit dem Kaiser?“, fragt Klaus nach. „Stimmt, auch für den Kaiser gab es einen Kult“, bestätigt Nina. „Die Römer verehrten sozusagen seine besondere Ausstrahlung. Verstorbene Kaiser konnten außerdem auf Beschluss des Senats vergöttlicht werden. Die Verehrung des Kaisers und der Staatsgötter war so etwas wie ein Bindeglied für die römische Gesellschaft.“

„Was war denn dann mit den vielen anderen Göttern?“, will jetzt Nicki Nuss wissen. „Oh, da konnte jeder Mensch im Römischen Reich glauben, was er oder sie wollte“, erklärt Nina. „Hauptsache, man opferte daneben auch den Staatsgöttern und dem Kaiser. Viele Menschen verehrten weiter die Götter ihrer Vorfahren.

Und wenn die fremden Götter etwas versprachen, was sich auch Römerinnen und Römer erhofften, dann opferten sie ganz einfach auch für diese Gottheiten – und von der Kriegsgöttin Vagdavercustis erhofften sich natürlich die Soldaten Beistand in der Schlacht.“

„Gab es denn sonst noch Götter, die besonders von römischen Soldaten verehrt wurden?“, fragt Nicki sichtlich neugierig. „Die gab es tatsächlich“, bestätigt Nina. „Da war natürlich der römische Gott Mars, der Kriegsgott. Auch Victoria, die Siegesgöttin, genoss ganz besondere Verehrung. Der Halbgott Herkules wurde um Kraft gebeten und natürlich versuchten die Soldaten auch, sich mit Pluto, dem Herrn des Totenreiches, gut zu stellen. Römische Soldaten opferten auch verschiedenen Schutzgeistern, den Genien. So hatte jedes Kastell und jeder Exerzierplatz seinen eigenen
Genius. Auch die Feldzeichen, die jeder Einheit bei ihrer Gründung verliehen wurden, galten als heilig. Diese Kulte stärkten enorm das Gefühl, zu einer gemeinsamen Einheit zu gehören“, weiß Nina.

„Gab es denn auch Tempel in den Kastellen?“, fragt diesmal Klaus. „Richtige Tempel gab es nicht“, erklärt Nina. „In den principia, dem Stabsgebäude, gab es aber immer einen speziellen Raum, in dem die Feldzeichen aufbewahrt wurden, das aedes, das Fahnenheiligtum. Hier standen neben den Feldzeichen auch verschiedene Götterbilder oder Geniusfiguren. Vor dem Fahnenheiligtum lagen die basilica, die große Querhalle und der Innenhof. Hier
standen in der Regel die Ehrenstatuen der Kaiser. Aber auch außerhalb der Kastelle, zum Beispiel in den Kastelldörfern, lagen militärische Kultplätze. Diese wurden wohl zumindest zum Teil von Soldaten und der Zivilbevölkerung gemeinsam genutzt.“

„So viele Götter“, meint Klaus. Nina entgegnet: „Ja, und es kamen sogar noch welche dazu. Im 2. Jahrhundert breitete sich aus dem Osten eine Religion aus, die genau den Vorstellungen der Soldaten entsprach: die Verehrung des heldenhaften Kämpfers Mithras, des Herrn des Lichts, der, so glaubten seine Anhänger, durch das Töten eines Stiers für das Werden und Vergehen des Lebens sorgt. An vielen Legionsstandorten errichteten die Menschen die unterirdischen Heiligtümer des Mithras. Zur gleichen Zeit verbreitete sich auch langsam der Glaube an Jesus Christus. Diese Religion löste am Ende des 4. Jahrhunderts die vielen römischen Götterkulte ab.“

„Und da wurde die Wagawas nicht mehr beachtet?“, fragt Klaus mit einem gespielt traurigen Gesicht. „Sie hieß Vagdavercustis“, korrigiert ihn Nina und kann sich ein Lachen nicht verkneifen.

Ein Altar für die Göttin Vagdavercustis, gefunden in Köln. Abgebildet ist die Durchführung eines Brandopfers auf einem Altarstein.
Ein Altar für die Göttin Vagdavercustis, gefunden in Köln. Abgebildet ist die Durchführung eines Brandopfers auf einem Altarstein.

Uedem-Hochwald & Wesel-Flüren

Bei Uedem-Hochwald und Wesel-Flürener Feld stoßen die drei Freunde auf Übungslager der römischen Armee mitten im Wald. Und sie kommen richtig ins Schwitzen, als sie erfahren, wie weit die Soldaten manchmal mit schwerem Gepäck marschieren mussten.

Auf dem Marsch und im Manöver

„Du, Nina, warum schauen wir hier auf einen Wald?“, fragt Klaus. Die drei Freunde stehen mitten im Hochwald in Uedem, unweit der Kreuzung Marienbaumerstaße und Reichswaldstraße auf dem Parkplatz Am Bohrturm. „Da drüben, mitten im Wald, haben Archäologen und Archäologinnen 13 Übungslager entdeckt, die zu einem Manövergelände der römischen Armee gehörten“, erklärt Nina. „Die Lager waren unterschiedlich groß und boten Platz für jeweils 500 bis 2500 Mann.“

„Und wo kamen die Soldaten her, die hier geübt haben?“, möchte Nicki Nuss wissen. „Die kamen wahrscheinlich aus dem Lager Vetera castra und von den hier in der Nähe stationierten Hilfstruppen“, antwortet Nina. „So etwas haben wir doch schon einmal gesehen“, wirft Klaus ein. „Oh ja, und zwar im Kottenforst“, bestätigt Nicki. „Genau, fast 200 solcher Übungslager sind am Niederrhein bekannt“, erklärt Nina weiter. „Sogar auf der anderen Rheinseite, bei Wesel, gibt es welche.“

Die Positionen der Übungslager (rote Kästchen) im Hochwald von Uedem
Die Positionen der Übungslager (rote Kästchen) im Hochwald von Uedem
Die Lager der Übungslager im Flürener Feld
Die Lager der Übungslager im Flürener Feld

„Warum haben die römischen Soldaten auf dem Marsch eigentlich jeden Abend ein Lager errichtet? Das war doch irre anstrengend“, will Nicki wissen. „Das haben wir doch schon im Kottenforst gelernt“, antwortet Nina. Klaus hüpft aufgeregt auf und ab: „Ja, genau. Das haben sie gemacht, um im Feindesland einen sicheren Platz für die Nacht und im Notfall einen nahe gelegenen, befestigten Rückzugsort zu haben.“

„Wie weit mussten die Soldaten denn jeden Tag marschieren?“, fragt Nicki nach. „Das haben die Römer leider nicht aufgeschrieben“, bedauert Nina. „Wenn die Armeeführer eine Schlacht erwarteten, ließen sie die Soldaten nicht weit marschieren, um sie vor dem Kampf nicht müde zu machen. Als Teil ihrer Ausbildung aber mussten die Soldaten einen Marsch von 20 römischen Meilen, das sind fast 30 Kilometer, in fünf Stunden absolvieren. Das hat natürlich nichts mit einer Armee im Feld mit ihrem Gepäck zu tun. Trotzdem gibt das eine Idee von den Entfernungen, die eine Armee bewältigen konnte“, erklärt Nina ihren Freunden.

„Wie war das eigentlich bei den Römern? Haben die Soldaten ihre ganze Ausrüstung selbst tragen müssen?“, fragt Nicki weiter. „Oh nein, das wäre viel zu viel gewesen“, berichtigt Nina. „Schwerere Ausrüstungsgegenstände, wie die Zelte aus Ziegenleder oder die Schanzpfähle, wurden auf Packtieren oder Wagen transportiert. Trotzdem hatte jeder Soldat noch reichlich Gepäck. Zwischen 30 und 40 Kilogramm dürfte das Marschgepäck gewogen haben, einschließlich
Waffen und Rüstung.“

„Bei so vielen Soldaten war die Marschkolonne doch sicher sehr lang“, fragt Klaus nach. Nina erklärt: „Nur wenn die Römer sich nicht bedroht fühlten. Wenn es Anzeichen für die Nähe des Feindes gab, marschierten die Truppen so, dass sie sich schnell zur Schlachtordnung aufstellen konnten.“

Das kommt alles ins Gepäck!

Das Marschgepäck (sarcina, impedimentum) der römischen Soldaten war an der furca befestigt, einer Art hölzernem Tragekreuz, das der Soldat zusammen mit der Lanze beziehungsweise dem Speer auf der Schulter trug. Daran waren befestigt:

  • die pera, eine Ledertasche mit den persönlichen Gegenständen des Soldaten, zum Beispiel Schuhnägel, Rasiermesser und Waschzeug
  • das reticulum, ein kleines Netz mit der Verpflegung für drei Tage (Getreide, Hülsenfrüchte, Gemüse, gegebenenfalls Pökelfleisch)
  • ein Stoffsack mit dem Mantel (paenula)
  • ein Schaffell als Schlafunterlage

Zusätzlich hingen eine Kasserolle (patera), ein kleiner Kochtopf (situla) und eine Wasserflasche (ampulla) an der furca.

Das kommt alles ins Gepäck!
Das kommt alles ins Gepäck!

Duisburg-Werthausen

In Duisburg-Rheinhausen, im Ortsteil Werthausen, stoßen Nina, Nicki Nuss und Klaus auf ein Kleinkastell. Das Trio erfährt hier, was es so besonders macht.

Ein Römerlager im Feindesland

„Ihr Lieben, das hier ist ein Beispiel für einen Stützpunkt, den die Römer dauerhaft auf der rechten Seite des Rheins errichtet haben“, erklärt Nina mit weit ausholender Geste. Gemeinsam mit Nicki Nuss und Klaus steht sie an der Ecke Deichstraße und Grüner Weg in Duisburg-Rheinhausen, im Ortsteil Werthausen.

„Aber wir sind hier doch auf der linken Rheinseite“, beschwert sich Nicki. „Das stimmt schon“, entgegnet Nina. „Aber in römischer Zeit lag das Kleinkastell hier unmittelbar am rechten Ufer des Rheins, direkt am südlichen Ende des Essenberger Bruchs.“ „War das nicht der ausgetrocknete Rheinarm, an dem das Lager Asciburgium lag?“, fragt Klaus nach. „Ja, genau“, bestätigt Nina.

„Das Lager hier liegt sogar mitten in dieser alten Stromrinne. Das beweist, dass diese alte Flussschleife schon trocken war, als die Römer das Lager Werthausen gebaut haben. Das war wahrscheinlich, kurz nachdem sie Asciburgium als Militärstandort aufgegeben hatten. Der Niederrhein sieht ja heute ganz anders aus als zu römischer Zeit. Er hat viel weniger Kurven, also Flussschleifen, und ist durch Deiche auf beiden Seiten in sein Flussbett gezwängt.“

Warum haben die Römer das Lager eigentlich auf der germanischen Seite gebaut?“, will Nicki wissen. Nina kann das erklären: „Zunächst einmal sollte das kleine Kastell das Lager Asciburgium ersetzen. Die Römer haben das neue Lager wahrscheinlich so weit in Richtung der Germanen vorgeschoben, weil sie damit die Flussmündung der Ruhr besser kontrollieren konnten. Diese Flussmündung war strategisch wichtig, denn von dort aus konnten Germanen leicht das Römische Reich überfallen. Außerdem begann hier ein Handelsweg, der weit nach Osten in das Gebiet Germania magna hineinreichte. Später bekam dieser Weg den Namen Hellweg.“

„Welche Einheit war hier eigentlich stationiert?“, fragt Nicki weiter. „Für eine Kohorte oder eine ala war das Lager doch viel zu klein.“ „Das stimmt“, pflichtet ihm Nina bei. „Das Lager hier hat höchstens zwei Zenturien aufnehmen können, also nur so um die 160 Mann. Das spricht dafür, dass hier nur eine vexillatio, also eine Abordnung einer größeren Einheit, stationiert war. Wahrscheinlich waren es Soldaten aus dem nicht allzu weit entfernten Lager Vetera, die hier immer für eine begrenzte Zeit ihren Dienst machten.“

„Und wie lange war das?“, fragt Klaus nach. „Das weiß niemand“, antwortet Nina. „Es ist ja noch nicht einmal schriftlich überliefert, dass die Soldaten wirklich aus Vetera kamen. Man kann aber wegen der Funde recht gut sagen, wie lange das Lager in Werthausen bestand: etwa 150 Jahre. Mitte des 3. Jahrhunderts gaben die Römer das Lager Werthausen auf.“

Der Verlauf des Rheins in römischer Zeit

Bevor der Rhein sein heutiges Flussbett erhalten hat, verlief er am flachen Niederrhein über Jahrhunderte hinweg
in weit ausschwingenden Bögen. Die Ablagerungen in diesen alten Flussschlingen bewahren wichtige Informationen. Mit verschiedenen Methoden können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Verlauf des Rheins rekonstruieren.

Moers-Asberg

Heute ist das abenteuerlustige Trio um Nicki Nuss in Moers-Asberg unterwegs. Mitten in einem Wohngebiet erfahren die Freunde unter anderem, wie es sich auch abseits des Kastells Asciburgium leben ließ.

Wie die Römer am Rhein Fuß fassten: Das Kastell Asciburgium

„Du, Nina, stammt der Name ‚Asberg‘ vom römischen Namen Asciburgium?“, fragt Klaus. Er steht mit seinen Freunden Nina und Nicki Nuss auf dem Burgfeld in Moers-Asberg, mitten in einem Wohngebiet an der Winkelhauser Straße. „Ja, genau“, bestätigt Nina. „Hier haben Archäologen und Archäologinnen einen der ältesten römischen Militärstandorte am Rhein ausgegraben, darunter auch das Kastell Asciburgium.“

Nicki Nuss spitzt die Ohren. „Oh, wann sind die Römer denn hier angekommen?“, fragt das Eichhörnchen nach. „Schon zur Zeit des Kaisers Augustus, wohl im Jahr 16 oder 15 vor Christus“, antwortet Nina. „Gab es hier eigentlich auch eine zivile Siedlung vor dem Lager?“, fragt Nicki weiter. „Ja, die gab es! Genau gesagt gab es sogar zwei Siedlungen: eine, die zum Militärstandort gehörte, und eine, die noch lange nach der Aufgabe des Lagers weiter bestand“, erläutert Nina.
„Vicus bzw. canabae legionis nannten die Römer diese Siedlungen im Schatten der Kastelle und Legionslager“, erzählt Nina weiter.

„Dort ließen sich die Angehörigen der Soldaten, aber auch Händler, Handwerker, Kneipenwirte und andere Dienstleister nieder. Auch eine Töpferei mit zwei Brennöfen haben Archäologen und Archäologinnen ausgraben können“, weiß Nina zu berichten.

„Spannend! Wie sah so eine Siedlung eigentlich aus?“, will Klaus wissen. „Na ja, irgendwie sahen sich diese Dörfer alle ziemlich ähnlich“, erklärt Nina. „Entlang der Straßen, die aus den Kastellen herausführten, standen mit dem Giebel zur Straße meist eingeschossige Streifenhäuser, eines neben dem anderen. Vorne, zur Straße hin, waren Werkstätten und Ladenlokale. Im hinteren, kleineren Teil der Häuser wohnten die Leute. Hinter den Häusern waren die Gärten und
die Ställe für das Vieh.“

„Ist das Dorf zusammen mit dem Lager entstanden?“, fragt Klaus weiter. „Nein, das Lagerdorf ist in den ersten Jahren des 1. Jahrhunderts entstanden, zusammen mit dem zweiten Lager. Damals war die Siedlung auch noch von einem Erdwall umgeben. Als die Römer sich dann sicherer fühlten, haben die Leute den Wall abgetragen. Kurz vor dem Aufstand der Bataver haben hier immerhin 1 500 Leute gewohnt“, berichtet Nina.

„Ist das Dorf während des Bataver-Aufstandes auch zerstört worden?“, fragt nun Nicki nach. „Ja, genauso
wie das Kastell“, bestätigt Nina. „Aber die Leute sind zurückgekehrt. Und als die Soldaten Asciburgium verlassen hatten und das Lager nicht mehr als Bezugspunkt dienen konnte, entstand entlang der Limesstraße eine rein zivile Siedlung. 400 Meter weit zog sich das Dorf die Straße entlang. Sogar einige Veteranen aus Xanten sind nach dem Ende ihres Militärdienstes mit ihren Familien hierhergezogen. Ende des 2. Jahrhunderts aber wurde Asciburgium bei einem Germaneneinfall zerstört“, bedauert Nina.

Fünf Lager in Moers-Asberg

Insgesamt fünf Lager konnten Archäologinnen und Archäologen in Moers-Asberg nachweisen, die hier nacheinander gebaut worden waren. Die ersten beiden Lager hatten keine feste Besatzung. Die Soldaten lebten wohl in Zelten. Erst das dritte, im Jahr 16 oder 17 nach Christus errichtete Lager hatte eine Innenbebauung. Es diente einer Infanterie-Kohorte als Standort. Um 45 nach Christus wurde diese Einheit durch eine Reitereinheit ersetzt. Da diese Einheit Ställe für die Pferde brauchte, benötigte sie ein neues Lager. Dieses Kastell wurde während des Bataver-Aufstandes zerstört.

Kaiser Vespasian entsandte nach der Niederschlagung des Aufstandes die ala Moesica felix torquata nach Asciburgium. Unter Kaiser Domitian wurde das Lager um die Jahre 83/85 aufgegeben. Wahrscheinlich, weil es nicht mehr vom Fluss aus versorgt werden konnte.

Krefeld-Gellep

In Krefeld-Gellep war zu Zeiten der Römer vielleicht viel los! Hier wurde heftig gekämpft. Denn die Bataver griffen die Römer genau hier an.

Aufstand in Germanien

„Du, Nina, was machen wir hier am Bootshafen?“, fragt Klaus aufgeregt. Er und seine beiden Freunde Nicki Nuss und Nina stehen in Krefeld-Gellep an der Gelleper Straße. „Auf der Tafel steht, dass wir hier am Dorf Gelduba stehen“, antwortet Nicki. „In diesem Dorf hat im Jahr 69/70 nach Christus eine heftige Schlacht stattgefunden. Das Dorf gibt es nicht mehr, später haben die Römer hier dann ein Lager errichtet.“

„Äh, langsam bitte“, wirft Klaus ein. „Nina, erzählst du bitte alles der Reihe nach?“ Nina beginnt: „Als sich die Bataver, ein germanischer Stamm, der eigentlich mit Rom verbündet war, unter ihrem Anführer Julius Civilis im Jahr 69 nach Christus gegen das Römische Reich erhoben, schickten die Römer im Herbst ein größeres Heer den Rhein entlang nach Norden. Die Truppen sollten dem Lager Vetera in Xanten zu Hilfe kommen. Das belagerten nämlich gerade die Bataver. Genau hier in der Nähe des Dorfes Gelduba, kurz vor der Grenze des Gebietes der Aufständischen, machten die Römer halt.“

„Aber hier waren doch dann gar keine Aufständischen“, wirft Nicki ein. „Noch nicht“, antwortet Nina. „Deren Anführer Civilis schickte den Römern aber eine Streitmacht entgegen. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus berichtete, dass die Römer durch den Angriff völlig überrascht wurden. Er schrieb, dass die Bataver durch die ungeordneten Reihen der römischen Hilfstruppen brachen. Als dann aber römische Nachzügler im Rücken der Aufständischen auftauchten, wendete sich das Schlachtenglück.“

„Die Römer haben die Schlacht also gewonnen?“, unterbricht Nicki Nuss. „Ja“, bestätigt Nina, „aber nur knapp. Die Römer konnten die Fußtruppen der Aufständischen größtenteils umzingeln und besiegen. Nur den batavischen Reitern gelang die Flucht.“

Eines von sehr vielen Pferdeskeletten, die Archäologinnen und Archäologen in Krefeld-Gellep ausgegraben haben. Sie dokumentieren den Reiterangriff der Bataver auf die Tore der römischen Befestigungen.
Eines von sehr vielen Pferdeskeletten, die Archäologinnen und Archäologen in Krefeld-Gellep ausgegraben haben. Sie dokumentieren den Reiterangriff der Bataver auf die Tore der römischen Befestigungen.
Dieser Helm eines Aufständischen wurde im Bereich der Tore gefunden, was darauf hinweist, dass es der Helm eines Reiters gewesen sein könnte. Vom ursprünglichen römischen Helm wurden der Nackenschutz und die Wangenklappen entfernt. Die Aussparungen für die Ohren wurden mit Blechen verschlossen.
Dieser Helm eines Aufständischen wurde im Bereich der Tore gefunden, was darauf hinweist, dass es der Helm eines Reiters gewesen sein könnte. Vom ursprünglichen römischen Helm wurden der Nackenschutz und die Wangenklappen entfernt. Die Aussparungen für die Ohren wurden mit Blechen verschlossen.

„Wann haben die Römer denn das Lager gebaut?“, fragt Klaus nach. „Das entstand ab dem Jahr 71 nach Christus“, antwortet Nina. „Zunächst war das auch hier ein Holz-Erde-Lager. Das Lager wurde aber dann mehrfach umgebaut. Seine Strukturen sind im Boden noch gut erhalten.“

„Über der Erde sieht man aber gar nichts mehr“, meint Nicki. „Ja, das ist leider so“, bestätigt Nina. „Was waren denn das für Soldaten, die hier stationiert waren?“, fragt Klaus nach. „Das war die ala quingenaria“, erklärt Nina. „Die erste Einheit war die ala sulpicia aus Spanien. Die war aber nicht allzu lange hier.“ „Was kam denn dann für eine Einheit?“, fragt Klaus nach. „Das war wohl Ende der 80er-Jahre die cohors II Varcianorum equitata civium Romanorum.“

„Wow, was für ein langer Name“, wundert sich Nicki. „Oh, das heißt nur, dass es sich um eine teilberittene, 480 Mann starke Kohorte handelte, deren Soldaten, Kelten vom Stamm der Varcianer, das römische Bürgerrecht besaßen“, glänzt Nina mit ihrem Wissen.

„Varcianer, wo waren denn die zu Hause?“, fragt Nicki nach. „In Pannonien, im heutigen Ungarn“, weiß Nina. „Diese Kohorte war es auch, die das Lager zu Beginn des 2. Jahrhunderts in Stein ausbaute – aber nur die Lagermauern, die Zentralbauten und eines der Lagerhäuser. Trotzdem war das Kastell, wie alle anderen Lager der Römer dieser Zeit auch, immer noch keine auf Verteidigung ausgelegte Festung. Die Truppe sollte im Kriegsfall ja ausrücken und den Feind im Feld bekämpfen.“

„Hat das Kastell die Frankeneinfälle im 3. Jahrhundert heil überstanden?“, fragt Nicki nach. „Nein, hat es nicht“, antwortet Nina. „Das Lager und das Dorf sind in den Jahren 274 und 275 völlig verwüstet worden. Erst nach einigen Jahren haben die Römer das Lager wieder aufgebaut. Erst einmal provisorisch. Unter Kaiser Diocletian haben die Römer dann ein völlig neues, deutlich kleineres Lager gebaut. Getrennt durch eine Mauer, lagerten darin sowohl Fuß- als auch Reitertruppen.

Komischerweise hatte das Lager nur ein einziges Tor an einer der Ecken des Lagers. 100 Jahre später wurde auch dieses Lager zerstört.“ „Hat es hier zum Schluss auch so eine Festung gegeben wie in Deutz oder Haus Bürgel?“, fragt Nicki. „Ja, die ist aber erst im Jahr 370 entstanden. Rund zehn Jahre später erhielt diese Festung noch halbrunde Türme. In den nächsten 100 Jahren wurde die Festung immer weiter verstärkt“, erzählt Nina. „Und was ist danach mit der Festung passiert?“, fragt Klaus. „Das wissen wir nicht genau“, bedauert Nina. „Was wir wissen, ist, dass das Gelände auch nach dem Abzug der letzten römischen Soldaten weiter bewohnt wurde.“

Die Animation des Lagers Gelduba mit Lagerdorf im 2. Jahrhundert nach Christus im Archäologischen Museum Burg Linn
Die Animation des Lagers Gelduba mit Lagerdorf im 2. Jahrhundert nach Christus im Archäologischen Museum Burg Linn

Archäologisches Museum Burg Linn

Wer mehr über die Römer in Gelduba erfahren möchte, sollte unbedingt das Archäologische Museum Burg Linn besuchen. Alles Wichtige zum Besuch dort steht auf der Website des Museums unter www.museumburglinn.de.